Wie man „Schubladengeräte“ vermeidet

Unzufriedene Patienten? Ungenutzte Hörsysteme? Das muss nicht sein. „Wichtig ist der erste Eindruck nach der Anpassung“, sagt Prof. Arneborg Ernst, Direktor der Klinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde in Berlin. Wenn der nicht stimme, habe man unzufriedene Kunden, die dann vielleicht wirklich sagen: „Ich hasse mein Hörgerät – Der unzufriedene Patient in der Hörgeräteversorgung“. So lautete das Thema einer Diskussionsveranstaltung während der 53. Fortbildungsveranstaltung für Hals-Nasen-Ohrenärzte in Mannheim, an der neben Prof. Ernst auch Bernd Faehrmann vom AOK‐Bundesverband, Detlef G. Oldenburg aus Hanau, Leitender Arzt einer HNO-Gemeinschaftspraxis und Landesvorsitzender des Berufsverbandes Hessens, sowie Eva Keil‐Becker, Vizepräsidentin der EUHA, teilnahmen. Jan Löhler leitete die Runde. Das Fazit aller Referenten war: Die Zufriedenheit der Patienten hängt extrem von der Anpassung ab.

Die tatsächliche Zahl der Schubladengeräte liege bei drei Prozent. Dass diese Zahl so niedrig sei, liege auch an der Anpassung durch den Hörakustiker. Je besser die sei, desto eher werde das Gerät akzeptiert. „Zudem müssen dem Patienten unbedingt sagen, wie sich die Hörumgebung mit einem neuen Hörgerät ändere“, betonte Ernst. Er hält ein anschließendes Training für unabdingbar: „Das muss größte Priorität haben.“

Interessant waren auch die bisher nicht veröffentlichen Aussagen aus der einer Studie, die die Verbände der gesetzlichen Krankenversicherungen in Auftrag gegeben hatten und die Faehrmann vorstellte. Für die Studie wurden 3500 Personen befragt. Die Unzufriedenheit ist demnach bei den Patienten höher, die sich für ein Gerät ohne Mehrkosten entschieden haben. Dabei sei es nicht ausschlaggebend, ob es sich um eine Wieder- oder eine Erstversorgung handele. Hauptbeschwerdepunkte seien kurze Batterielaufzeiten, Störgeräusche sowie die Alltagstauglichkeit von Geräten. Die Altersgruppe der über 80-Jährigen sei am unzufriedensten. „Sehr unzufrieden sind aber nur 2,3 Prozent“, betonte Faehrmann.

Dies bestätigte auch Eva Keil-Becker, die selbst Akustikerin ist und ihr Geschäft seit mehr als 15 Jahren freiwillig zertifizieren lässt. „Wenn man sich richtig um den Patienten kümmert und die Beratung keine Einbahnstraße ist, dann kann auch Hass Liebe werden“, sagte sie. Allerdings gebe es einige Voraussetzungen. Die Wichtigste: Der Hörsystem-Träger muss wollen. Wer nur ablehnend dem neuen Hilfsmittel gegenüber stünde, werde es auch schwerer haben, sich an das System zu gewöhnen. „Man sollte auch eine realistische Erwartungshaltung fördern“, erklärte Keil-Becker. Eine frühzeitige Versorgung, ein ganztätiges Tragen und das Ausschöpfen aller Möglichkeiten nannte sie als weitere Punkte für die Zufriedenheit von Kunden. „Ganz wichtig ist eine partnerschaftliche Problemlösung“, erkläret sie: „Der Garant des Erfolges ist auch der Dialog mit dem HNO-Arzt. Als Team können wir helfen, Menschen wieder hörend glücklich zu machen.“ Im Prinzip sah das HNO-Arzt Detlef Oldenburg auch so – auch wenn er eine kleine Diskussion über den verkürzten Versorgungsweg anstoß. Er sei „sauer“, dass Patienten nicht zum Kontrollcheck (Rückseite Muster 15) nach der Anpassung müssten.